Motivation

Von Schlausprechern, Hundehaufen und was das jetzt eigentlich mit dem Lernen zu tun hat

CocoLoco
Kennst du das auch, du gehst mit deinem Hund morgens Gassi, träumst noch so ein wenig vor dich hin und, während dein Hund seine Blase entleert, wirst du aus einem an der Ampel stehenden Auto heraus angeblökt: „HEEEEY, aufsammeln!!!“?

Etwas verwirrt sehe ich mich um. Nein, mein Hund hat keinen Haufen gemacht, aber weit und breit ist kein anderer Hund zu sehen. In solchen Situationen, ja es kommt leider des Öfteren vor, packt mich dann schon auch die Wut. Ich stelle mir dann zu gerne vor wie ich in meine Tasche greife, eine prall gefüllte Wasserbombe heraushole, sie der aufmerksamen und mitteilungsbedürftigen Frau zuwerfe (ich vermute sie fängt sie mit dem Gesicht, die Hände hat sie ja am Lenkrad) und lächelnd sage: „Bitteschön, hab ich nur für Sie aufgesammelt“.

Ich schiebe diese Gedanken schnell wieder beiseite. Sie meinte es sicher nur gut und vermutlich war sie gerade auf dem Weg zur Arbeit, nach einem bereits stressigen Morgen mit Kindern usw. So zumindest rede ich es mir dann immer gerne ein.

Also gehen Coco und ich weiter unseres Weges und dann…… da ist er ja, der Haufen. Naja, dafür gehen wir ja raus, also Tüte aus der Tasche gezogen und ein duftendes Päckchen für die Tonne geschnürt.

Und wie ich so dieser, zugegebenermaßen nicht gerade meiner liebsten Tätigkeit am Morgen nachgehe, frage ich mich schon, warum ich das eigentlich mache, wenn ich doch eh regelmäßig, pauschal und zu Unrecht angeblökt werde? Schließlich habe ich ja auch noch nie Applaus oder auch nur ein Lob dafür bekommen, wenn ich die Haufen meines Hundes eingesammelt habe.  Ist dir das auch schonmal so gegangen? Du machst etwas, wofür du keine offensichtliche Anerkennung oder Wertschätzung erfährst, weil es ja schließlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, aber wenn jemand auch nur den Verdacht hat, dass du es eben nicht so machst, wie zumindest dieser Jemand es erwartet, kriegst du in irgendeiner Form eine auf den Deckel?

Wie lange dauert es wohl, bis du keine Lust mehr hast es „richtig“ zu machen, so wie du es eben von dir aus schon gemacht hast, weil du das Gefühl hast, wenn ich so oder so nur Ärger damit habe und sonst nichts, dann lass ich es doch gleich bleiben und spare mir meine Energie?

Naja, vielleicht bevorzugst du ja auch die Wasserbomben-Methode und „bewaffnest“ dich in Zukunft für alle Fälle mit ein paar gut gefüllten Ballons , aber wäre das völlige Einstellen deiner Bemühungen in so einem Fall nicht eine ebenso nachvollziehbare Reaktion? Die Schlausprecher um uns herum, die kennen wir alle. Und wenn wir ganz ehrlich sind, dann ist uns das vielleicht auch schon mal passiert, dass wir jemanden etwas vorschnell zurechtgewiesen haben, ohne uns Gedanken darüber zu machen was wir auslösen könnten, wenn wir unser Gegenüber, möglicherweise sogar zu Unrecht, maßregeln.

Leider passiert so etwas gerade auch uns Eltern nur allzu häufig, vorzugsweise dann, wenn es um die schulischen Bemühungen unserer Sprösslinge geht. „Wenn du nur eine 4 hast, kannst du wohl doch nicht so gut gelernt haben“; „Hättest du so viel gelernt wie du sagst, hättest du eine bessere Note“; „Dann musst du halt das nächste Mal einfach mehr lernen“; „Dann musst du halt besser aufpassen im Unterricht“ usw. Wer kennt diese Sätze nicht? Aber sind solche Aussagen (und mal ehrlich, haben sie nicht schon den Charakter von Verdächtigung und Anklage?) wirklich immer sinnvoll und gut, oder sind sie vielleicht sogar viel öfter schädlich und demotivierend, obwohl sie mit Sicherheit, so gut wie immer „gut gemeint“ sind? Wem bringen sie wirklich etwas?

Wenn Kinder eine in unseren Augen schlechte Note schreiben, gehen wir gerne davon aus, dass sie einfach nicht genug gelernt haben. Und so manches Mal ist das ja auch der Fall.
Ebenso häufig haben Kinder einfach nur nicht auf die richtige Art gelernt.
Oder sie konnten das Gelernte aus dem ein oder anderen Grund, der nicht immer gleich offensichtlich ist, nicht richtig abrufen.
Wenn wir unser Kind nun dazu noch tadeln und verdächtigen, es habe nicht (genug) gelernt, dann bekommt es zu seiner eh schon völlig demotivierenden Note, gleich noch einen Grund, sich das Lernen in Zukunft doch lieber gleich zu sparen. Denn nicht nur, dass nicht das erwartete Ergebnis rauskommt, das Kind wird zusätzlich verdächtigt nicht gelernt und darüber auch noch gelogen zu haben. Ich nenne das auch gerne „Motivation töten leicht gemacht“.

Wie gehe ich jetzt am besten damit um, wenn ich das Gefühl habe, mein Kind liegt mit seinen schulischen Leistungen hinter seinen Möglichkeiten?

1. „Schlausprecher-Modus“ AUS: Sprich mit deinem Kind über die „missglückte“ Arbeit. Urteile nicht, sondern stelle Fragen. Wie geht es deinem Kind mit diesem Ergebnis? Woran glaubt es, dass es lag? Gibt es in letzter Zeit etwas, dass dein Kind beschäftigt? Braucht es irgendwo Unterstützung? Es geht jetzt vor allem darum, zusammen mit deinem Kind herauszufinden, wo es eventuell hakt und wie du dein Kind unterstützen kannst. Und wenn es nur ein einmaliger Ausrutscher war, wozu hier überhaupt ein Fass aufmachen?

2. Motivation klären: Hat die Motivation deines Kindes bereits gelitten?Frag dein Kind, was es denn gerne für Ergebnisse erzielen möchte. Die wenigsten Kinder wollen schlechte Noten schreiben. Was ist das Ziel? Nicht deins, das deines Kindes! Das muss nicht immer dasselbe sein. Wenn klar ist, welches Ziel verfolgt wird, ist es viel leichter zu klären, welchen Aufwand man dafür evtl. betreiben möchte, oder was sonst noch nötig ist, um dahin zu kommen.
Ist es nicht auch für dich viel einfacher, Motivation aufzubringen, wenn du weisst wofür? Eine Note allein wird hier als Ziel aber meist nicht ausreichen. Viel lieber wollen wir doch auch einen echten Sinn in dem sehen, was wir tun.

3. vllt. Unterstützung holen: Es gibt viele Möglichkeiten sich auch von „außen“ helfen zu lassen. Das kann von der Beratung durch Lehrkräfte, Coaching, Training, Therapie, Lernen mit Freunden bis zu Nachhilfe alles Mögliche sein. Je nachdem, wo ihr Handlungsbedarf festgestellt habt. Manchmal hilft auch der Blick von außen, um herauszufinden, wo denn nun eigentlich wirklich der Hase im Pfeffer liegt.

Das sind nur drei Ansätze und natürlich gibt es noch viele mehr. Vielleicht magst du ja das ein oder andere einmal ausprobieren?

Vor allem aber wünsche ich mir, dass es dir und mir ab heute immer öfter gelingt, erst einmal zu fragen bevor wir urteilen und dementsprechend zu handeln. Dass es uns immer öfter auffällt, wenn wir vielleicht zu vorschnell mahnen und lieber doch noch einmal genauer hinsehen.  Und vielleicht siehst du es ja auch so, erzählst es weiter und es gelingt noch einem Menschen immer besser, usw.

Wäre das nicht ein guter Anfang?

Und vielleicht kommt meine Botschaft ja auch bei der ein oder anderen „Häufchen-Polizei“ an – DAS wäre doch mal was 

In diesem Sinne wünsche ich dir alles Gute!
Deine Jacqueline

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